Wednesday, July 31, 2013

Etwas ueberaus Schoenes

Schaut euch nur mal an  :)
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ein überaus schönes und blaues Manöver / Lilien auf die Brust gemalt / für Thomas Kling

Von Friederike Mayröcker

in den Haaren die Lindenbaumfächer
nordafrikanischer Knötchenfrucht
springen im funkelnden Wind nämlich
zu Boden geschüttelt vom zaubrischen
Schopf oder Duft oder Hölderlins Jugendlocke
oder es steigt ein Hündchen schwammig
ins herbeigerufene Taxi
oder es stehen weiße Tennisschuhe zum Trocknen
in der Sonne am offenen Fenster
oder man liegt ausgestreckt mit wächsernen
Ohren auf einer Bank im Halbschatten des Baumes
welcher die Herzschläge zählt
/ einer heiligen Caterina von Siena
mit dem Lilienstab vor den weißen, vor den
halbgeöffneten Augen  

Tuesday, July 30, 2013

Luegen

Ich luege sehr viel und sehr gern  :)
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Gelogen

Von Paul Maar

Was du hier hörst,
ist kein Gedicht,
ist endlos lang
und reimt sich nicht.

Monday, July 29, 2013

Emma und die Moewen

Ein Gedicht ganz unterschiedlicher Art von Christian Morgenstern:
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Möwenlied

Von Christian Morgenstern

Die Möwen sehen alle aus,
als ob sie Emma hießen.
Sie tragen einen weißen Flaus
und sind mit Schrot zu schießen.

Ich schieße keine Möwe tot,
ich lass sie lieber leben –
und füttre sie mit Roggenbrot
und rötlichen Zibeben.

O Mensch, du wirst nie nebenbei
der Möwe Flug erreichen.
Wofern du Emma heißest, sei
zufrieden, ihr zu gleichen.

Sunday, July 28, 2013

Um des Reimes willen :)

Hier das beruehmte Wiesel:
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Das ästhetische Wiesel

Von Christian Morgenstern

Ein Wiesel
saß auf einem Kiesel
inmitten Bachgeriesel.

Wisst ihr
weshalb?

Das Mondkalb
verriet es mir
im Stillen:

Das raffinier-
te Tier
tat’s um des Reimes willen.

Saturday, July 27, 2013

Das Fraeulein am Meer

Ich bleibe noch einen Tag bei Herrn Heine  :)
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Das Fräulein stand am Meere

Von Heinrich Heine

Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein! sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück.

Friday, July 26, 2013

Heine :)

Gestern beim Grundkurs  :)  
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Die alten, bösen Lieder

Von Heinrich Heine

Die alten, bösen Lieder,
Die Träume schlimm und arg,
Die laßt uns jetzt begraben,
Holt einen großen Sarg.

Hinein leg’ ich gar manches,
Doch sag’ ich noch nicht was;
Der Sarg muß seyn noch größer
Wie’s Heidelberger Faß.

Und holt eine Todtenbahre,
Von Brettern fest und dick;
Auch muß sie seyn noch länger
Als wie zu Mainz die Brück’.

Und holt mir auch zwölf Riesen,
Die müssen noch stärker seyn
Als wie der starke Christoph
Im Dom zu Cöln am Rhein.

Die sollen den Sarg forttragen,
Und senken in’s Meer hinab;
Denn solchem großen Sarge
Gebührt ein großes Grab.

Wißt Ihr warum der Sarg wohl
So groß und schwer mag seyn?
Ich legt’ auch meine Liebe
Und meinen Schmerz hinein.

Thursday, July 25, 2013

Ich moechte schlafen, aber ...

Wieder zu frueh aufstehen muessen  :(
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Friedrichs Feigen in Sanssouci

Von Dagmar Leupold

wachsen im Freien
hinter Fenstern die zu
dem Land sich öffnen

auf das man anderseitig
schaut: blühende Ruinen
reiften unter seinem Blick

sei unbesorgt: vom Naschen
vergeht kein Appetit - wer
hat die Feigen wohl alle gegessen?

Die Windspiele, nein, die mögen
die Trauben und daraus den Wein
und dann begraben sein
die Läufe noch beschwipst

Wir gingen die Terrassen
hinauf und hinab unter
preußischem Himmelgrau
alles in allem: ein Jahr

in dem viel wuchs
nicht immer so geschützt
wie in Friedrichs Garten
die Feigen

Wednesday, July 24, 2013

Ein andrer Sommer

Heute und morgen bleibe ich noch bei kurzen Texten, uebermorgen blogge ich wohl gar nicht.  Ab Samstag wuerde ich wohl wieder etwas mehr schreiben:
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Neu-Englands Töchter

Portsmouth, New Hampshire, im Sommer

Von Dagmar Leupold

Wie aus alten Gemälden schauen
sie uns an: weiß und rot, mit lauem
Fleisch und fahlem Haar, das
geflochten auf schmalen Schultern lastet. Wie Glas

der helle Blick auf ferne Wasser,
den die lange Geschichte nicht trübt.
Die weichen, runden Arme sind blasser,
die Hüften ruhiger, schwer. Es gibt

eine Anmut in ihrer Trägheit
gleich der des Schlafs oder stiller Lügen,
der wir uns wortlos fügen:
als wäre das die Seligkeit.

Tuesday, July 23, 2013

Vor dem lernen

Denn der Mensch braucht auch ein kleines bisschen Freude, welches aber von diesem Seminar nicht zu erwarten ist:
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Plankton

Von Dagmar Leupold

Tage verstreichen
weit
aufgerissenen Mauls
besinnungslos Verschlucktes
zerdichten.

Es sind unser
aller Geschichten:
Mit geringer Eigenbewegung
Umherirrendes

wie im Kehlsack
des Pelikans
gehortet.

Die Zunge ist ein
guter Polizist.
Für jede Korruption
zu haben.

Monday, July 22, 2013

Bei fruehem Tagesblicke

Es steht mir schon wieder eine Portion Hauptseminar bevor  :(  Heute versuche ich mal, frueh zu bloggen, hoffentlich hilft das auch gegen die Langeweile:
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Tyrolean Airways
 
Von Dagmar Leupold

Sounds of Silence
steht unter den Propellern
ein Versprecher
kein Versprechen und

alle Passagiere lächeln
in die aufgerissenen
Zeitungen hinein
die Männer in die Börse
die Frauen in Vermischtes

in den Gängen
Schwaden zu früh
zerstreuter Träume

Dort unten
Wien, seine Schlösser, die Gärten
in bestechender Geometrie
der Friedhof voller Helden

Sunday, July 21, 2013

Ganz kurz

Ich habe naemlich in 10 Minuten einen Termin mit Nietzsche  :)  Hier was gan ganz Kurzes:
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Je t'aime moi non plus

Von Dagmar Leupold

Mit meinen Schwestern die Ohren
ans Radio gepreßt (damals waren die Radios
noch Möbel mit Verlaß) und die Zensur
rauschen gehört - süßer als jede Sauerei
in der Muttersprache
Später, bei günstigen Lichtverhältnissen
sagte mal jemand
ich sähe aus wie
Jane Birkin wo ist Serge, seitdem?

Nein, nein
das ist keine Klage

Nur ein Poem

Saturday, July 20, 2013

Zum Kaffee

Nach bald einem ganzen Monat bei Templeton beginnt man auch schon langsam, uebers Essen zu phantasieren  :(
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Wunderhorn

Von Dagmar Leupold

Feinsliebchen bedient im coffee shop
Hiram's hot dog bei Hackensack,
New Jersey. Noch nie hat einer
ihr Nachtigall buchstabiert
oder Maiglöckchen
klingen lassen
auf dem Tresen aus Resopal

Und doch und doch
kennt sie die Weisen
und die Knaben

Mal Senf
mal Ketchup
aufs Glück

Friday, July 19, 2013

Hoch+schoen

So wie dieses Gedicht:
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Hohelied

Von Dagmar Leupold

Zieh mich dir nach, so laufen wir
bis Spitzbergen
auch dort
grünt unser Bett

ich bin dir
unter jedem Himmel
geneigt

Thursday, July 18, 2013

Der Blick

Heute habe ich aber was Schoenes erblickt  :)
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Der Blick

Von Dagmar Leupold

Ohne Augenmaß kreuzte er
den Raum und traf
an dessen Ende
auf lächelnde
Erwartung

kein Wind ging
nur ein Wind

Wednesday, July 17, 2013

Meer

Wir fahren an die Kueste, daher bin ich frueh aufgestanden, daher blogge ich auch frueh:
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Café Hennerdreck

Von Dagmar Leupold

Ganz anders dieses Abseits:
Wespen heißen hier
Wepsen und die Hähne
benehmen sich wie andernorts
ausgestorbene Gockel

der alte Apfelbaum der
uns beschattet wird nichts
verraten, nichts von den
großen Portionen und nichts
von dem großen Hunger

den wir unter seinen Ästen
stillen und wecken -
amen möchte man sagen
wenn die Suppe kommt
behütet von sehr viel Busen:

zugeknöpft! Aus der Stadt
kommen Sie? Ja dann
kein Wunder, daß Sie uns
immer wieder suchen müssen
so gehts allen mit dem Glück

Tuesday, July 16, 2013

Dagmar Leupold

Okay, Dichterwechsel  :)  Heute etwas Zeitgenoessischeres:
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Crazy Sexy

Von Dagmar Leupold

Der Schulweg im Bus führt jeden
Morgen am Mainzer Puff vorbei:
die Haltestelle genau vor dem Hauptportal
hic habitat felicitas
dahinter pelziges Rot

Habe ich mir immer gewünscht
zu den lärmenden Schülern stiege
eine dazu mit müden Augen und
geschminktem Gesicht und vor allem:
der Illusion von Leben?
Ich weiß es nicht mehr
und wenn ich es wüßte
hätte ich mich geirrt

Monday, July 15, 2013

Sand und Wind

Noch ein letztes Gedicht von Hesse:
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In Sand geschrieben

Von Hermann Hesse

Daß das Schöne und Berückende
Nur ein Hauch und Schauer sei,
Daß das Köstliche, Entzückende,
Holde ohne Dauer sei:
Wolke, Blume, Seifenblase,
Feuerwerk und Kinderlachen,
Frauenblick im Spiegelglase
Und viel andre wunderbare Sachen,
Daß sie, kaum entdeckt, vergehen,
Nur von Augenblickes Dauer,
Nur ein Duft und Windeswehen,
Ach, wir wissen es mit Trauer.
Und das Dauerhafte, Starre
Ist uns nicht so innig teuer:
Edelstein mit kühlem Feuer,
Glänzendschwere Goldesbarre;
Selbst die Sterne, nicht zu zählen,
Bleiben fern und fremd, sie gleichen
Uns Vergänglichen nicht, erreichen
Nicht das Innerste der Seelen.
Nein, es scheint das innigst Schöne,
Liebenswerte dem Verderben
Zugeneigt, stets nah am Sterben,
Und das Köstlichste: die Töne
Der Musik, die im Entstehen
Schon enteilen, schon vergehen,
Sind nur Wehen, Strömen, Jagen
Und umweht von leiser Trauer,
Denn auch nicht auf Herzschlags Dauer
Lassen sie sich halten, bannen;
Ton um Ton, kaum angeschlagen,
Schwindet schon und rinnt von dannen.
So ist unser Herz dem Flüchtigen,
Ist dem Fließenden, dem Leben
Treu und brüderlich ergeben,
Nicht dem Festen, Dauertüchtigen.
Bald ermüdet uns das Bleibende,
Fels und Sternwelt und Juwelen,
Uns in ewigem Wandel treibende
Wind- und Seifenblasenseelen,
Zeitvermählte, Dauerlose,
Denen Tau am Blatt der Rose,
Denen eines Vogels Werben,
Eines Wolkenspieles Sterben,
Schneegeflimmer, Regenbogen,
Falter, schon hinweggeflogen,
Denen eines Lachens Läuten,
Das uns im Vorübergehen
Kaum gestreift, ein Fest bedeuten
Oder wehtun kann. Wir lieben,
Was uns gleich ist, und verstehen,
Was der Wind in Sand geschrieben.

Sunday, July 14, 2013

Mittag, wenn auch es Juli ist (und nicht September)

Etwas spaeter aufgestanden  :)  Hier ein Herbstgedicht von Hesse:
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Mittag im September

Von Hermann Hesse

Es hält der blaue Tag
Für eine Stunde auf der Höhe Rast.
Sein Licht hält jedes Ding umfaßt,
Wie man's in Träumen sehen mag:
Daß schattenlos die Welt,
In Blau und Gold gewiegt,
In lauter Duft und reifem Frieden liegt.

– Wenn auf dies Bild ein Schatten fällt! –

Kaum hast du es gedacht,
So ist die goldene Stunde
Aus ihrem leichten Traum erwacht,
Und bleicher wird, indes sie stiller lacht,
Und kühler wird die Sonne in der Runde.

Saturday, July 13, 2013

Die falsche Jahreszeit

Obschon es nicht mehr Fruehling, sondern Sommer ist:
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Frühlingstag

Von Hermann Hesse

Wind im Gesträuch und Vogelpfiff
Und hoch im höchsten süßen Blau
Ein stilles, stolzes Wolkenschiff. . .
Ich träume von einer blonden Frau,
Ich träume von meiner Jugendzeit,
Der hohe Himmel blau und weit
Ist meiner Sehnsucht Wiege,
Darin ich stillgesinnt
Und selig warm
Mit leisem Summen liege,
So wie in seiner Mutter Arm
Ein Kind.

Friday, July 12, 2013

Hesse schreibt fuer *mich*?!

Heute ein Gedicht , das z.T. meine aktuelle Lage beschreibt  :(
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Bericht des Schülers

Von Hermann Hesse

Mein Lehrer liegt und schweigt schon manche Tage.
Oft weiß ich nicht, ob er mit Schmerzen ringe,
Ob mit Gedanken. Wenn ich etwas sage,
So hört er nicht. Doch wenn ich sitz und singe,
Lauscht er geschlossenen Auges wie entrückt,
Vielleicht ein Wissender des höchsten Grades,
Vielleicht ein Kind, von etwas Klang beglückt,
Doch stets der Regel treu des Mittlern Pfades.

Zuweilen regt er die erstarrte Hand,
Als hielte sie den Schreibestift und schriebe.
Dann wieder ist der Türe zugewandt
Sein Blick mit einer unsagbaren Liebe,
Als hör er Boten nahn auf Engelsflügeln
Und sähe Himmelspforten offen stehn
Oder auf seiner fernen Heimat Hügeln
Wie einst im Morgenhauch die Palmen wehn.

Oft ist mir bang, als sei ich krank statt seiner,
Als wär ich selber grau, erloschen, alt
Und jener dünnen Blätterschatten einer,
Wie sie der Morgen an die Mauer malt.
Doch er, der Meister, scheint von Wirklichkeit,
Von Sein, von Wesen ganz getränkt und trächtig.
 Indes ich schwinde, wird er weltenweit
Und füllt die Himmel strahlend und allmächtig.

Thursday, July 11, 2013

Es ist auch Juli :)

Meine Tochter hat im Juli Geburtstag  :)  Also fuer sie:
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Julikinder

Von Hermann Hesse

Wir Kinder im Juli geboren
Lieben den Duft des weißen Jasmin,
Wir wandern an blühenden Gärten hin,
Still und in schwere Träume verloren.

Unser Bruder ist der scharlachene Mohn,
Der brennt in flackernden roten Schauern
Im Ährenfeld und auf den heißen Mauern,
Dann treibt seine Blätter der Wind davon.

Wie eine Julinacht will unser Leben
Traumbeladen seinen Reigen vollenden,
Träumen und heißen Erntefesten ergeben,
Kränze von Ähren und rotem Mohn in den Händen.

Wednesday, July 10, 2013

Aus dem Meisterwerk

Hier ein Gedicht, das Hesse spaeter in seinem Meisterwerk "Das Glasperlenspiel" verwendete:
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Stufen

Von Hermann Hesse

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde!

Tuesday, July 9, 2013

Und noch etwas zum Thema Nebel

Hesse scheint von diesem Thema foermlich heimgesucht gewesen zu sein!---
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Im Nebel

Von Herman Hesse

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allem ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Monday, July 8, 2013

Hesse

Ich finde, ich sollte jetzt eine Weile bei Hermann Hesse bleiben  :)  Hier etwas, was er 1902 veroeffentlichte:  
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Nebel

Von Hermann Hesse

Die Wetterhörner schimmern fahl
In silberweißen Dunst gehüllt,
Ein schwerer Nebel kriecht zu Tal,
Der alle Gassen leise füllt.

Nun er mich eingefangen hat,
Kühlt er mein Herz und macht es weit
Und macht es träge, voll und satt
Von unbekannter Traurigkeit.

Und wenn der Tag mit seinem Glühn
Ihn auch verjagt von Ort zu Ort,
Sp trag ich über Firn und Flühn
Ihn doch im Herzen lange fort.

Sunday, July 7, 2013

Das Abendlied bei Hesse

Wechseln wir auf Hermann Hesse  :)
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Beim Schlafengehen

Von Hermann Hesse

Nun der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.

Hände laßt von allem Tun,
Stirn vergiß du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.

Und die Seele unbewacht
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu leben.

Saturday, July 6, 2013

Das saekulare Abendlied

Ich wollte eigentlich eine Weile bei diesem Thema (Abendlieder) bleiben  :)  Hier ein ganz beruehmtes Beispiel von Goethe:
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Ein Gleiches

Von Johann Wolfgang Goethe

Über allen Gipfeln
Ist Ruh’,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur!  Balde
Ruhest du auch.

Friday, July 5, 2013

Abendlieder

Das beruehmte Abendlied von Matthias Claudius:
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Abendlied

Von Matthias Claudius

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste
Und suchen viele Künste
Und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergänglichs trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!

Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und, wenn du uns genommen,
Laß uns in Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott! mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbarn auch!

Thursday, July 4, 2013

Zum letzten Male

Noch ein letztes Stueck von Walther von der Vogelweide.  Fuer morgen finde ich einen anderen Dichter  :)
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Ich hân mîn lêhen

Von Walther von der Vogelweide

Ich hân mîn lêhen, al die werlt, ich hân mîn lêhen!
nu enführte ich niht den hornunc an die zêhen
und wil alle bœse hêrren dester minre vlêhen.
der edel künic, der milte künic, hât mich berâten,
daz ich den sumer luft und in dem winter hitze hân.
mînen nâhgebûren dunke ich verre baz getân:
si sehent mich niht mêr an in butzen wîs als si wîlent taten.
ich bin ze lange arm gewesen âne mînen danc,
ich was sô vol scheltens daz mîn âten stanc.
daz hât der künic gemachet reine, und dar zuo mînen sanc.